Von der Eizelle zum Menschen – Was geht der Geburt voraus?

Manola Märtens 

Es ist schon ein Wunder: Ein Menschenkind wächst aus einer Eizelle im Mutterleib heran, wird geboren und lernt innerhalb weniger Jahre, zu laufen, zu sprechen und zu denken. Wie funktioniert dieses Geheimnis der Natur? Welche Rolle spielt der Astralkörper dabei? Was macht uns als Menschen aus? Eine spannende Entdeckungsreise in die eigene Entstehungsgeschichte.

Jeder hat es erlebt und doch kann sich niemand daran erinnern: Wir sind aus einer Eizelle hervorgegangen. Aus einer einzigen Zelle, die von einer Samenzelle befruchtet wurde und bereits als Embryo gilt. Diese eine Zelle teilt sich innerhalb von nur drei Tagen in zwei, vier, acht und 16 Zellen, und darauf folgt eine Entwicklung, die am Ende einen komplexen menschlichen Körper hervorbringt – ein wahres Wunder.

Was in den neun Monaten der Schwangerschaft abläuft, ist heute ziemlich genau bekannt: wie sich die Gene auswirken, wie und wann sich die Zellen, Organe und Gliedmaßen bilden und wie die körperlichen Funktionen ihre Arbeit aufnehmen. Doch was wirkt hinter dem äußerlich Sichtbaren? Besteht der Mensch aus dem Körper allein? Sind wir nicht auch mit Bewusstsein und Willen, mit Empfindungen, einem Charakter, einem Gewissen und vielen weiteren Attributen auf diese Welt gekommen, die weder im Körper lokalisiert sind noch aus dem Körper heraus entstehen können?

Der Mensch ist eine Seele, besitzt Wille und Bewusstsein

Die Antwort hierauf ist in vielen Kulturen, Religionen und Philosophien zu finden. Übereinstimmend betonen sie, dass der Mensch eine Seele hat oder ist und zudem Geist und Bewusstsein besitzt, das eigentlich Menschliche. Gerade diese unsichtbaren Attribute, die Seele, das Bewusstsein und der Wille, sind es, die die Funktionen unseres Körpers bewirken.

Die Seele hat ihren Ursprung in der unsterblichen Individualität des Menschen, der Essenz, die er in seinem Innersten ist. Leibniz hat diese geistige Essenz „Monade“ genannt, andere Bezeichnungen sind das „Selbst“, die „innere Göttlichkeit“ oder der „innere Christus“. Hierin liegt die tiefgehende Aussage, dass jeder Mensch im Kern seines Wesens ein spirituell-göttlicher Funke ist, den er selbst individuell aus sich herausentwickeln kann und von dem er seinen Ursprung nahm.

Die Seele verbindet den Geist, die zeitlose innere Essenz, die todlos und unsterblich ist, mit dem Körper, der sterblich ist. Sie enthält alle menschlichen Eigenschaften wie Bewusstsein, Intelligenz, Willen, die Fähigkeit zu empfinden und – was den Menschen im Vergleich zu den unter ihm stehenden Naturreichen auszeichnet – Denkvermögen. 

Die Seele mit dem Ego verbindet Geist und Körper

Im Zentrum der Seele befindet sich das menschliche Ego. Hierin fokussiert sich das Bewusstsein. Es ist also dieser mittlere Teil der Konstitution des Menschen – die Seele mit ihrem innewohnenden Ego –, durch den sich der Mensch in seiner Entwicklung befindet, mit dem er durch Nachdenken, durch das Verarbeiten von Erfahrungen die Lektionen des Lebens lernt.

Die Evolution im Zeitraffer

Um sich in dieser Welt der Formen zum Ausdruck bringen zu können, benötigt die Seele einen physischen Körper. Der Körper hat sich im Laufe der Evolution durch alle Naturreiche hindurch bis zur menschlichen Form entwickelt. Dieser grandiose äonenlange Prozess wiederholt sich im Zeitraffertempo in den vorgeburtlichen Zuständen im Mutterleib. Hierzu einige Beispiele:

Zu Beginn unserer Verkörperung ähnelt der Embryo eher einer Anhäufung von Zellen, die von Fruchtwasser umspült werden. Doch schon in den folgenden Wochen geschieht in der Gebärmutter einer Schwangeren ein regelrechtes Wunder: Die Anhäufung der Zellen, die einer Brombeere ähnelt, nimmt nach und nach menschliche Formen an. Wie durch einen „unsichtbaren Bauplan“ geleitet, wächst der Embryo jeden Tag um gut einen Millimeter. Dabei durchläuft er Stadien, die zeitweise tatsächlich mineral-, pflanzen- und tierähnlich sind.

So zum Beispiel entwickelt sich der Keim in der dritten Woche nach der Befruchtung aus dem kristallähnlichen Zellhaufen zu einem pflanzenähnlichen Wesen – er hat erst zwei, dann drei Keimblätter. Im Alter von vier Wochen sieht der Embryo aus wie ein Seepferdchen – mit einem Schwanz und mit Schwimmhäuten.

Noch in der siebten Woche ist der menschliche Embryo äußerlich von einem Tierembryo kaum zu unterscheiden. Am Ende des dritten Monats geschieht dann noch einmal etwas Überraschendes: Der nun zwölf Schwangerschaftswochen lang gewachsene Fötus bekommt feine Wollhaare, die den gesamten Körper bedecken können. Dieses „Fell“ wird erst im achten Monat der Schwangerschaft wieder abgestoßen.

Unser Körper durchläuft also vor jeder Geburt das Stadium des Mineralreiches, des Pflanzenreiches und des Tierreiches wie im Zeitraffer. Diese verschiedenen Stadien weisen sehr deutlich auf frühere Formen hin, die der Mensch im Laufe der Zeitalter entwickelt und als Körper genutzt hat. Die Natur wiederholt sich in all ihren Vorgängen, auch wenn sich diese in langen Zeitperioden vollziehen.

Frühere Evolutionsstadien

In den früheren Stadien der Evolution hatten die ersten menschlichen Wesen auf unserer Erde feinstoffliche, astral-ätherische Körper, also keine physischen Körper wie heute. Sie konnten daher aus dieser Zeit keine Fossilien hinterlassen. Im Verlaufe der Zeitalter verdickten oder verdichteten sich diese ätherischen Körper langsam und wurden konkreter. Sie waren aber immer noch gallertartig, ohne Knochen oder Organe, hatten keine Haare und keine richtige Haut, waren eher quallenartig.

Diese astral-ätherischen Wesen früherer Evolutionsperioden, die einem Embryo und Fötus glichen, waren jedoch noch nicht wirklich menschlich, da ihnen das Denkvermögen fehlte. Im späteren Stadium ähnelten sie mental kleinen Kindern. Allerdings waren – ebenso wie bei unseren Kleinkindern heute – die Fähigkeiten des Denkens durchaus vorhanden, erst minimal entwickelt, in der Anlage aber bereits existierend. Es handelte sich noch um eine kindliche Menschheit, die ihre Entwicklung gerade erst begann.

Im Verlaufe der Evolution entwickelten sich die gallertartigen Körper dieser frühen „Menschheit“ zu „zartem Fleisch“. Dieses zarte Fleisch setzte sich zu Zellverbänden zusammen und begann, Knochen zu umgeben, Haut und Haare zu bekommen und langsam auch physische Organe zu entwickeln.

Ganz langsam also wurde der physische Körper immer materieller und näherte sich der heutigen menschlichen Gestalt an. Diese Phasen finden sich in überwältigender Ähnlichkeit in der embryonalen Entwicklung im Mutterleib wieder. Auch hier formt sich der Körper erst langsam von einer transparenten, zarten Substanz, die ätherisch anmutet, zu einem festen Körper mit Knochen und Organen. Er durchläuft mineral-, pflanzen- und tierähnliche Stadien – die Wiederholungen zurückliegender Evolutionen. Und tatsächlich wiederholt sich alles in der Natur. Jede Wesenheit baut in zyklisch bedingter Periodizität auf vorausgegangenen Existenzen auf mit dem Ziel, vollkommener zu werden.

Die Erweckung des Denkens

Die ersten Lebensmonate während der Schwangerschaft geben also eine sehr knappe Skizze, ein gedrängtes Bild von sich wiederholenden Stufen der evolutionären Entwicklung, die der Mensch in vergangenen Zeitaltern durchlaufen hat. Zu diesen Stufen der Entwicklung gehört während der ersten Jahre das Erwecken der Denkfähigkeit – auch sie muss immer wieder, mit jedem Leben neu geschult werden.

Analog zur vorausgegangenen Evolution erwacht innerhalb weniger Jahre beim heranwachsenden Kind die Flamme des Denkens, die von seiner Familie, von Freunden und Lehrern angeregt und gefördert wird. Und ähnlich wie ein Kind von seinen Lehrern unterrichtet wird, wurde die frühere Menschheit von Menschen unterrichtet, die evolutionär bereits weit vorausgeschritten waren. Die Natur macht auch hier keine Ausnahme: Alles wiederholt sich!

Da sich die eigentliche menschliche Entwicklung hauptsächlich durch und mittels des Denkens vollzieht, ist der Körper zwar ein wichtiges Vehikel, doch ohne die Fähigkeit des Denkens stünde der Mensch auf der Stufe unselbstbewusst agierender Wesenheiten.

Der unsichtbare Bauplan

Jede neue menschliche Verkörperung hier auf der Erde beginnt zunächst immer wieder damit, physische Zellen, Organe und Gliedmaßen zu formen. Doch woher wissen die Zellen, wohin sie gehören? Gibt es einen unsichtbaren Bauplan, der hinter aller Manifestation steht? Kann durch puren Zufall ein derart komplizierter Körper zustande kommen?

Selbst wenn in der Desoxyribonukleinsäure (DNS) die Gesamtheit der vererbbaren Informationen gesehen wird – eine rein physisch-materielle Sichtweise –, bleibt immer noch die Frage offen, wie sich auf der Grundlage von 22.500 Genen, über die der Mensch etwa verfügt, die Zellen so unterschiedlich bilden und anordnen können, dass ein funktionierender menschlicher Organismus entsteht. Es muss also etwas geben, das die Verbindung der Seele zur Physis herstellt, etwas, das mittels der Seele die Verbindung zu den physischen Atomen, Molekülen und Zellen aufnehmen kann.

Dieses Verbindungsglied ist der Astralkörper. Er ist das Bindeglied, das der Wissenschaft bis heute fehlt, obwohl das Wissen über ihn seit alters existiert. Heute zeugt die Kirlianfotografie von dem Vorhandensein des Astralkörpers, indem sie seine Ausstrahlungen fotografisch darstellt.

Der Astralkörper – oder Liṅga-śarîra im Sanskrit – ist ein „Modellkörper“, der jedes Lebewesen als Schutzhülle umgibt und durchdringt. Er ist feinstofflicher als der physische Körper und daher unsichtbar. Auch die früheren Menschheiten verfügten über einen solchen ätherischen Astralkörper. Erst später entwickelte sich daraus über Zwischenstufen der menschliche physische Körper. Das niedere Astrale geht heute nahtlos ins Physische über, der Körper mit all seinen Organen ist daher insgesamt verdichtete Astralmaterie.
Da der Astralkörper den Bauplan für den physischen Körper stellt, ist er bereits vor der Geburt vorhanden. Nach seinem Muster wächst das Kind im Mutterleib Zelle für Zelle heran, bis es vollständig ausgebildet ist, der physische Körper fließt sozusagen aus ihm hervor.

Ohne einen solchen Bauplan würde es in der manifestierten Natur keine geordnete Entwicklung geben. Auch ein Haus würde nicht über eine ausreichende Statik verfügen, würde ihm nicht der Entwurf eines Ingenieurs zugrunde liegen. Der Mensch lernt von der Natur, ihm liegen die gleichen Gesetzmäßigkeiten zugrunde. Unser Körper könnte sich also nicht ohne den astralen Bauplan entwickeln. Diese Erklärung führt die wissenschaftliche Annahme ad absurdum, dass Zufall bei der Entwicklung des Embryos die Weichen stellen würde.

Wie können die Augen von innen an die Oberfläche des Gesichtes hervortreten? Woher weiß eine Zellgruppe, welche Abschnitte ihrer genetischen Information sie ausführen soll? Soll sie durch immer neue Teilung schließlich ein Herz bilden oder beispielsweise einen Finger am Ende der Hand? Dies alles zeigt: Der Astralkörper ist keine Fiktion, sondern eine unabdingbare Realität; er ist zugleich der Bauplan allen formhaften, physischen und sichtbaren Lebens, dessen Wirkung aus den für uns unsichtbaren Sphären hervorgeht.

Leben in der Unendlichkeit

Durch zurückliegende Verbindungen wird das nach Manifestation strebende Ego wieder zu jener Sphäre hingezogen, die derjenigen vergangener Inkarnationen ähnelt, denn es besteht immer eine seelische Anziehung, die aus früheren Leben herrührt.

So kommt es, dass ein menschliches Ego in einer Familie inkarniert, in der es am meisten lernen kann, es tritt wieder einmal in einen mütterlichen Schoß ein: Die Verbindung mit dem menschlichen Keim ist hergestellt, durch die Verbindung mit der Eizelle beginnt von diesem Augenblick an sein neuer physischer Körper im Mutterleib heranzuwachsen.
Die wahre Evolution findet in der Seele statt, deren Zentrum das Ego ist. Der Mensch benötigt immer wieder einen neuen Körper, um hier auf Erden leben und lernen zu können, nur so kann er sich vervollkommnen.

Mit jeder Inkarnation lernen wir weitere Lektionen hinzu. Und genauso, wie wir von der Geburt bis zu unserem Lebensende viele unserer Lebenssituationen bildlich, schriftlich oder vor allem gedanklich festzuhalten vermögen, werden wir eines Tages, nach Vollendung eines großen Zyklus, in der Lage sein, das Buch unserer vielen Leben aufzuschlagen, um darin zu lesen. Wir sind dann zu voll erblühtem Menschsein erwacht! 

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